Josef Seidl
2014 | Wirtschaftsinformatik
Beruflicher Werdegang
Nachdem ich in Deggendorf mein Bachelorstudium in Wirtschaftsinformatik abgeschlossen hatte, zog es mich ins nahegelegene München. Dabei hatte ich ein ganz konkretes Ziel vor Augen: Ein eigenes Unternehmen gründen. Ich wollte herausfinden, ob die Vision meiner eigenen Zukunft auch tatsächlich zu meiner Person passt - eine Art Prototyping für das eigene Berufsbild also.
Wie beim Prototyping üblich, versuchte ich das ganze möglichst schnell und gleichzeitig mit wenig Risiko herauszufinden. Parallel zur Gründung schrieb ich mich deshalb noch an der TU München in den konsekutiven Wirtschaftsinformatik Master ein. Diesen schloss ich letztlich sogar mit sehr guten Ergebnissen ab, inklusive eines Zwischenaufenthalts für meine Masterarbeit an der renommierten Stanford University im Silicon Valley. Das Unternehmen haben wir nach knapp zwei Jahren allerdings liquidiert.
Das Ende der Geschichte? Obwohl es mit dem Unternehmen nicht geklappt hat, war klar, dass nichts besser zu mir passt als das Unternehmertum. Rückschläge sind dabei die Regel, weniger die Ausnahme – musste ich lernen. Damit umzugehen ist eine persönliche Herausforderung, die die eigene Lebensreise so vielfältig und spannend macht.
Nach dem Masterstudium habe ich mich deshalb vollständig der Selbstständigkeit verschrieben und mit der INNOSPOT GmbH ein Unternehmen gegründet, welches Künstliche Intelligenz (KI) und Big Data Analytics nutzt, um die globale Startup Landschaft für Unternehmen transparent und zugänglich zu machen. Wir skalieren weltweit Innovationen, indem wir Unternehmen mit den besten Startups zusammenbringen, damit diese gemeinsam Innovationen vorantreiben und einen positiven Mehrwert für unsere Welt schaffen. Das mache ich nun seit 2017 als Gründer und Geschäftsführer gemeinsam mit einem Team von 12 Mitarbeitern.
Schwelgen erlaubt: erinnern Sie sich an Ihre Studentenzeit
Die Studienzeit in Deggendorf war für mich eine unglaublich prägende Zeit, in der ich viel über mich selbst gelernt habe. Ursprünglich war es für mich ein großer - und viele Jahre zuvor ein sehr weit entfernter – Traum, mal in Deggendorf studieren zu können. Ich schlenderte während meiner Zeit an der BOS oftmals am Damm der Hochschule entlang und stellte mir vor, wie ich hier eines Tages studieren werde. Der Traum ging in Erfüllung und eröffnete mir Türen, von denen ich als Jugendlicher noch nicht mal zu träumen wagte.
Während des Studiums versuchte ich dann alles in mich aufzusaugen, was nur möglich war. Ich erinnere mich dabei an die lehrreiche und fantastische Zeit im Studentischen Konvent der Hochschule, im Fakultätsrat, in der Vorstandschaft von WI-Project e.V. und an tolle Abende mit Kommilitonen im Deggendorfer Nachtleben. Sehr intensiv blieb mir insbesondere die Zeit während des Jahrhunderthochwassers in Erinnerung, bei welchem ich zusammen mit einem Kommilitonen die studentische Hilfsorganisation "Deggendorf räumt auf" gründete, mit der die Studierenden der Hochschule einen extrem wertvollen Beitrag für die Stadt und die Menschen in Deggendorf geleistet haben.
Fachlich erinnere ich mich auch sehr intensiv und positiv an mein Auslandsemester an der University of California, San Diego (UCSD). Die Zeit im liberalen Kalifornien hat meine Sicht auf viele Dinge nochmal verändert und mir neben allen anderen Aktivitäten während des Studiums die große Zuversicht gegeben, etwas in der Welt bewegen zu können.
Was möchten Sie den heutigen Studierenden mitgeben?
1: Machen! Viel zu viele wirklich intelligente Menschen, die ich auf meinem Weg getroffen habe, können sich eine Gründung zwar vorstellen, warten aber immer noch auf „die Idee“. Meine eigene Erfahrung mit INNOSPOT: Zur Verwirklichung seiner Träume als Unternehmer muss man nicht "die Idee" zu haben. Viel wichtiger als die eigentliche Idee ist das Team, mit welchem man die Idee auch in die Realität umsetzt. Wir sind deshalb bei der Gründung von INNOSPOT einen komplett neuen Weg gegangen: Erst das Team, dann die Idee.
2: Reflektieren. Erst wenn ich etwas wirklich gemacht habe und anschließend darüber reflektiere, bekomme ich eine solide Einschätzung über das, was mir Spaß macht und ob ich dafür eine Leidenschaft (entwickelt) habe. Das Leben ist eine große Ansammlung von Experimenten und genauso wie in der Chemie gehen viele Experimente schief, einige davon gelingen und manche sind bahnbrechend. Diese Erfahrungen kann ich aber nur machen, wenn ich möglichst viele Dinge selbst ausprobiere - seien es Praktika, Studentenjobs, Auslandssemester, eine eigene Gründung - und die Dinge für mich später ehrliche bewerte. Deswegen kann ich jeden nur ermutigen: Probiert im Studium so viel wie nur möglich aus. Nutzt diese einmalige Spielwiese, um möglichst risikolos für euch zu entdecken, was euch wirklich erfüllt. Und habt immer Spaß dabei :)