Governance ist als Anwendungsbereich für alle Studierenden obligatorisch. Hier werden das strukturelle Versagen von Märkten und die dadurch bedingte Notwendigkeit von Staatseingriffen in zentralen Bereichen wie dem Arbeitsmarkt, im Bildungssektor und in der Sozialpolitik thematisiert. Ebenfalls Gegenstand der Lehrveranstaltungen sind die typischen Chancen und Risiken, die aus einer föderalen Staatsstruktur für die gesamtgesellschaftliche Wohlfahrt resultieren. Explizit werden im Modul Verhaltens- und Industrieökonomik die Grenzen einer ökonomischen Modellbildung thematisiert, die auf unbegrenzt rational handelnde Individuen abstellt und spieltheoretische Hintergründe unternehmerischen Handelns ausblendet.

Der Anwendungsbereich Finanzmärkte empfiehlt sich nicht nur für Studierende, die eine spätere berufliche Tätigkeit im Bereich von Banken und Versicherungen im Auge haben und sich vor allem für Finanzmarktprodukte und Risikomanagement interessieren. Die inhärenten Risiken unkontrollierter Kapitalmärkte und die Notwendigkeit ihrer Regulierung auf internationaler Ebene werden ebenso detailliert behandelt. Nur durch die Kenntnis von der Leistungsfähigkeit der Kapitalmärkte einerseits und den Grenzen eben dieser Leistungsfähigkeit andererseits kann eine Sensibilität gegenüber sich anbahnenden Finanzmarktkrisen erzielt werden. Auch in diesem Anwendungsbereich wird in mehreren Fächern auf die in den ersten beiden Semestern gelegten mathematischen Grundlagen zurückgegriffen. Eher unbekannt in herkömmlichen Studiengängen ist die Konjunkturprognose als Teil des Moduls Konjunktur- und Wachstumstheorie. Sicher muss jeder Volkswirt wissen, woher Wirtschaftswachstum kommt, ohne dass weder eine Mehrung des Wohlstandes erreicht, noch weitere Umverteilungsspielräume erschlossen werden könnten. In einem anwendungsbezogenen Studiengang scheint es aber dagegen entbehrlich zu versuchen, in verschiedensten Modellen die langfristigen, mehrere Dekaden umfassenden Wachstumstrends mathematisch abzuleiten. Die Praxis beherrscht vielmehr die Frage, wohin sich die Konjunktur in den nächsten fünf oder zehn Jahren bewegt. Für diese Prognose werden den Studierenden im fallstudienbezogenen Unterricht verschiedene Berechnungsverfahren an die Hand gegeben.

Nicht ganz unabhängig vom Anwendungsbereich Finanzmärkte ist der Bereich Globalisierung. Hier werden Kenntnisse der monetären und realen Außenwirtschaftstheorie und ihre politische Anwendung vermittelt. Der Studierende entwickelt ein Gespür für die Interdependenz politischen und wirtschaftlichen Handelns angesichts der immer stärker verflochtenen Absatzmärkte. Darüber hinaus soll in diesem Bereich der Blick auf das weltweite Wohlstandsgefälle zwischen nördlichen und südlichen Ländern gelenkt werden und das Verantwortungsbewusstsein für eine Armutsbekämpfung geschärft werden. Wie kann zeitgemäße Entwicklungspolitik aussehen? Welche Rolle spielen dabei multinationale Institutionen wie Weltbank und Währungsfond, welche Aufgaben können Nichtregierungsorganisationen übernehmen?

Kaum wegzudenken ist in einem modernen ökonomischen Studiengang der Anwendungsbereich Umwelt. Wie auch in den anderen Anwendungsbereichen wird ein Bogen geschlagen von der ökonomischen Analyse des Markversagens im Umweltbereich zur politischen Gestaltung der Grenzen unternehmerischen Handelns. Das auch der politischen Gestaltung Grenzen gesetzt werden, wird deutlich, wenn man den internationalen Umweltauswirkungen die nationale Entscheidungskompetenz der Staaten gegenüberstellt. Vor dem Hintergrund der Energiewende wurde ein Schwerpunkt ganz bewusst auf die nationale und europäische Energiepolitik gelegt. Behandelt werden in diesem Zusammenhang unter anderem die gesamtgesellschaftliche Effizienz verschiedener Energieträger, Kapazitätsprobleme in Netzen und Probleme der Speicherfähigkeit von Energie sowie die Herausforderungen, die sich daraus für die Politik ergeben.

Das Gesundheitswesen ist zu einem der bedeutendsten Wirtschaftsbereiche Deutschlands geworden. Nicht selten ist die steigende Nachfrage nach medizinischen Leistungen und Wellnessangeboten auf lokaler Ebene treibender Motor in der regionalen Entwicklung. Der demographische Wandel und die durch ihn zu erwartende weitere Nachfragesteigerung stellt das Gesundheitswesen gleichzeitig aber vor erhebliche finanzielle Probleme. Hinzu kommt, dass auf einem gemeinsamen europäischen Markt, der den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr garantiert, nationale Bemühungen, die Nachfrage nach versicherungsfinanzierten Gesundheitsdienstleistungen einzuschränken, oft begrenzt sind. Der Anwendungsschwerpunkt Gesundheit greift all diese Fragen auf und versucht, strukturelle Entwicklungslinien aufzuzeigen.